N. 3 – Maggio 2004 – Lavori in
corso – Contributi
Kurze
Bemerkungen zu der historische Entwicklung des russischen Zivilrechts
Das russische Zivilrecht historisch in bedeutendem Maße
unter dem Einfluss des deutschen Zivilrechts befunden hat. Gewöhnlich verbindet
man den Beginn dieses Einflusses mit Peter dem Großen und seinen Nachfolgern,
unter denen an die damals nicht sehr zahlreichen russischen Universitäten
vorrangig deutsche Professoren berufen wurden.
In Folge dessen begaben sich die besten Absolventen der
juristischen Fakultäten, die an ihnen «für die Vorbereitung auf den
Professorentitel» verblieben waren, noch im 19. Jahrhundert zu langen
Auslandspraktika in der Regel an deutsche Universitäten. In Jahren 1887 – 1896
bei der Berliner Universität hat sogar der sogenannten Russischer Institut des
römisches Rechts gearbeitet. Dort halten seine Vorlesungen die drei beruemte
deutsche Professoren – E. Eck, A. Pernice und G. Dernburg, und als Schülern
arbeiteten die zukünftige beste russische Zivilisten und Romanisten – I.A.
Pokrowskij, D.D. Grimm, A.M. Guljaew, L.I. Petrashizkij, P.E. Sokolowskij, A.S.
Kriwcow u.a. Dabei sollte angemerkt werden, dass die russische
Zivilrechtswissenschaft sich reichlich spät zu entwickeln begann, praktisch
erst ab Mitte des 19. Jahrhunderts, als man sich der zu jener Zeit fortschrittlichen
Pandekten-Lehre zuwandte, d.h. den eigentlichen Ursprüngen der modernen
deutschen Zivilistik.
Das erste russische Zivilrechtslehrbuch war die von
Studenten mitgeschriebene und in Form eines einzelnen Bandes 1859
veröffentlichte Vorlesung des Professors der Universität Kasan, des
russifizierten Deutschen Dmitrij Iwanowitsch (Dietrich Johann) Meier[1].
Somit formierte und entwickelte sich die russische Zivilgesetzgebung wie auch
die zivilistische Wissenschaft als Bestandteil des europäischen kontinentalen
Rechts und vor allem seines deutschen Zweigs.
Durch das Gesagte wird insbesondere auch der Umstand
erklärt, dass die russische Zivilistik keinen unmittelbaren Einfluss und - mehr
noch - keine Rezeption des römischen Privatrechts erfahren hat. Seine Institute
und Prinzipien, die zweifellos im inländischen Privatrecht berücksichtigt
werden, sind über die deutsche Pandektenschule indirekt nach Russland gekommen.
Im 19. Jahrhundert erfreuten sich die Pandektenübersetzungen von Prof. G. Dernburg
und andere von deutschen Rechtsgelehrten erstellte Lehrbücher des römischen
Privatrechts[2]
an den russischen Universitäten breitester Popularität.
Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts bildete sich
in Russland eine eigene Schule von Romanisten heraus, welche die Primärquellen
tiefschürfend studierten[3].
Unter ihnen sind besonders Prof. I.A. Pokrowskij[4] und
Prof. W.M. Chwostow[5]
hervorzuheben, die sowohl herausragende Zivilisten als auch namhafte Historiker
des römischen Rechts waren.
Diese Schule verfiel jedoch in der Sowjetära allmählich
und mit dem Tod der größten einheimischen Romanisten - der Professoren der
Moskauer Universität I.S. Pereterskij und I.B. Nowizkij[6] -
beendete sie im wesentlichen ihr Dasein. Selbst der Unterricht in römischem
Privatrecht wurde in den 60-80er Jahren an den juristischen Fakultäten und
Instituten wesentlich eingeschränkt und an vielen von ihnen völlig eingestellt.
Deshalb blieben als Erkenntnisquellen zum römischen Privatrecht in dieser Zeit
entweder einige wenige alte Arbeiten oder einige Schriften rechtshistorischen,
jedoch nicht zivilrechtlichen Charakters übrig.
Erst in den letzten Jahren ist das Interesse am römischen
Privatrecht wieder stark angestiegen, was sich in einer Reihe neuer inländischer und übersetzter Publikationen[7]
sowie in der Wiedereinführung des Unterrichts in römischem Zivilrecht als
obligatorisches Lehrfach zeigt.
Insgesamt kann man einen relativ geringen Einfluss des
römischen Zivilrechts auf das einheimische Zivilrecht konstatieren (im
Vergleich mit den europäischen Rechtsordnungen, die auf die eine oder andere
Weise seine Rezeption erlebten), der zudem nicht direkter, sondern indirekter
Art war (über die deutsche Zivilistik). Es handelt sich jedoch vor allem um die
römische Rechtsdoktrin, um den „Geist des römischen Rechts". Eine ganze
Reihe seiner Institute (wie das Sachen- oder das Schuldrecht) sind - wie auch
immer direkt oder indirekt - in den Normen der russischen Zivilgesetzgebung und
hauptsächlich in den allgemeinen Regeln des Zivilgesetzbuchs verankert[8].
[1] Dieses Lehrbuch erlebte 10 Auflagen vor der Revolution
von 1917 und noch zwei nach seiner Wiederveröffentlichung in moderner Form (s. D.I. Meier, Das
russische Zivilrecht, Moskau 1997, Moskau 2000). D.I. Meier selbst hörte, als
er sich zu einem wissenschaftlichen Praktikum an der Berliner Universität aufhielt, mit
Begeisterung die Vorlesungen
von G.F. Puchta zum römischen Recht und traft sich mit F.-K. Savigny, obwohl er selbstverständlich ein russischer
Gelehrter blieb und die deutsche Zivilrechtstheorie nicht unverändert auf den heimischen Boden übertrug.
[2] Vgl. etwa G. Dernburg, Die Pandekten, Band I.
Sachenrecht. Band 2. Schuldrecht. - St. Petersburg 1905-1906; R. Sohm,
Die Institutionen des römischen Rechts, Moskau 1888; ders., Die
Institutionen: Lehrbuch der Geschichte und des Systems des römischen
Zivilrechts, St. Petersburg 1908; R. Jhering, Der Geist des römischen
Rechts auf seinen verschiedenen
Entwicklungsstufen, St. Petersburg 1875; ders., Die Theorie des Besitzes, St. Petersburg 1895; T. Kipp, Die
Geschichte der Quellen des römischen Rechts, St. Petersburg 1908; T.
Marezoll, Lehrbuch des römischen Zivilrechts, Moskau 1867; G. F. Puchta,
Die Geschichte des römischen Rechts, Moskau, 1864; ders., Kurs des
römischen Zivilrechts, Moskau 1874.
[3] Vgl. etwa Ju. Baron, Das System des
römischen Zivilrechts, St. Petersburg 1908; D.D. Grimm, Kurs des römischen
Rechts, St. Petersburg 1904; ders., Lektionen zur römischen
Rechtsgeschichte, St. Petersburg 1892; ders., Lektionen zum römischen
Rechtsdogma, St. Petersburg 1914; L.B. Dorn, Das römische Rechtsdogma,
St. Petersburg 1880; W.W. Jefimow, Lektionen zur römischen
Rechtsgeschichte, St. Petersburg 1895; ders.,
Das römische Rechtsdogma, St. Petersburg 1901; K.A. Mitjukow, Kurs des römischen Rechts, Kiew 1902; S.A. Muromzew,
Das Zivilrecht des Alten Rom. Lektionen,
Moskau 1883; N.I. Nersesow, Das römische Rechtssystem, Moskau 1894; ders.,
Das römische Sachenrecht, Moskau 1896.
[4] Vgl.
etwa I.A. Pokrowskij, Lektionen zur römischen Rechtsgeschichte, St.
Petersburg 1911; derselbe, Die Geschichte des römischen Rechts, Moskau
1896.
[5] S. insbesondere W.M. Chwostow, Das römische
Rechtssystem. Lehrbuch (Ausgabe von 1907-1908), Moskau 1996; ders., Die
Geschichte des römischen Rechts, Moskau 1908.
[6] S. insbesondere: I.S. Pereterskij, Die Digesten Justinians. Skizzen zur
Geschichteder Erstellung und
Gesamtcharakteristik, Moskau 1956; Die Digesten Justitians. Ausgewählte Fragmente in der Übersetzung und mit
Anmerkungen von I.S. Pereterskij, Moskau 1984 (die Arbeit wurde nach dem Tod des Verfassers veröffentlicht);
I.S. Pereterskij, I.B.
Nowizkij u.a., Das römische
Privatrecht, Moskau 1948; I.B. Nowizkij, Das römische
Privatrecht, Moskau 1970; ders., Grundlagen des römischen Privatrechts, Moskau 1972 (die zwei letzten Arbeiten
wurden nach dem Tod des Verfassers
veröffentlicht).
[7] Vgl. etwa D.W. Doshdew, Das römische
Privatrecht, Lehrbuch, Moskau 1996; I. Puchan, M. Polenak-Akimowska,
Römisches Recht (Grundlehrbuch). Eine Übersetzung von makedonische Sprache,
Moskau 1999; C. San Filippo, Römisches Privatrecht. Eine Übersetzung von
italienische Sprache, Moskau 2000.